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02.03.2013 00:00 Alter: 11 yrs
Von: Der Neue Tag

Auf Skipiste umgefegt: Opfer zu Mitschuld verurteilt

Skifahrer und Jurist Dr. Burkhard Schulze über ein Urteil des Oberlandesgerichts München: „Nie mehr ohne Helm fahren"


Weiden. (ca) Dr. Burkhard Schulze ist selbst begeisterter Skifahrer. Ohne Helm würde sich der Weidener Jurist aber nicht mehr auf die Abfahrtsbretter stellen. Er würde auch keinem dazu raten. Das Oberlandesgericht München hat jetzt einem Skifahrer 50 Prozent Mitverschulden angelastet, obwohl er für seinen Skiunfall in Österreich gar nichts konnte. Was ist das Besondere an dieser Entscheidung? Dr. Burkhard Schulze: Die Frage des Mitverschuldens ist für den Schadensersatz von großer Bedeutung. Eine „Mithaftungsquote" bedeutet, dass die materiellen Schäden - vom Kleiderschaden bis zum Verdienstausfall - gekürzt werden. Im aktuellen Fall des OLG München stand der Skifahrer an einer gut einsehbaren Stelle und wurde von einem anderen Skifahrer mit hoher Geschwindigkeit erfasst. Er erlitt schwere Kopfverletzungen. Seine Schadensersatzansprüche werden gleichwohl um 50 Prozent gekürzt - weil er keinen Helm getragen hat. Es besteht aber keine gesetzliche Pflicht zum Tragen eines Helms? Schulze: Nein, das ist ja das Bemerkenswerte. Nach Ansicht des OLG galt schon 2009, dass die Mehrzahl der Skifahrer mittlerweile mit Helm unterwegs ist, weil sich aufgrund veränderten Skimaterials und baulicher Veränderungen an den Pisten die Geschwindigkeit erhöht hat. Für die Frage des Mitverschuldens, bei der es um eine Obliegenheit im eigenen Interesse geht, sei nicht entscheidend, dass das Helmtragen nicht vorgeschrieben ist. Anders ist das aber doch beim Fahrradfahren ohne Helm? Schulze: Die Rechtsprechung differenziert hier. Für den Durchschnittsfahrer wird keine Helmpflicht angenommen, nur für Rennfahrer und sportliche ambitionierte Fahrer, die sich besonderen Risiken aussetzen, sowie Kinder wird eine Helmpflicht bejaht. Hier besteht durchaus ein gewisser Widerspruch zu der generellen Helmpflicht laut OLG München. Das Gericht weist darauf hin, dass „sportlich amitioniert" im Skifahrerbereich kein taugliches Abgrenzungskriterium wäre. Der Skifahrer im vorliegenden Fall ist noch nicht einmal gefahren. Was ist dann mit dem stehenden oder nicht sportlichen Radfahrer? Schulze: Das OLG München meint, dass es sich beim Skifahrer, im Gegensatz zum Radfahren, stets um eine sportliche Betätigung handelt.
Welche Auswirkungen hat diese Entscheidung? Schulze: Auch wer immer noch nicht von der Notwendigkeit des Helmtragens beim Skifahren überzeugt ist, sollte nicht mehr ohne Helm fahren. Schon aus Vernunftsgründen wegen der möglichen Mithaftung. Ich kann mir auch vorstellen, dass diese Entscheidung die „Radfahrerrechtsprechung" beeinflusst. Die gesetzliche Gurtpflicht hat sich aus ähnlichen Gesichtspunkten heraus entwickelt. Quelle: Der Neue Tag vom 02./03.03.13; Interview mit RA Dr. Schulze