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< Pflege der Eltern - umsonst?
17.05.2013 00:00 Alter: 11 yrs
Von: Der Neue Tag

15 000 Euro für Lokführer


Nach zwei Suiziden auf seiner Strecke in Frühpension - Belastend für Eltern der Getöteten Weiden/Amberg. (ca) Alle Parteien sind zu bedauern. Die Eltern der beiden Männer, die im  Frühsommer 2007 den Freitod wählten und sich auf Strecken in den Landkreisen Amberg-Sulzbach und Schwandorf vor den Zug warfen. Und der Lokführer, der ausgerechnet auf beiden dieser Fahrten im Führersand vergeblich zu bremsen versuchte. Der Mann aus dem Landkreis Schwandorf ist seither nicht mehr im Dienst. Er leidet an einer posttraumatischen Störung, hat die beiden Suizide nicht verkraftet. Erst legte sich an einem Mittwoch im März 2007 bei Vilseck ein 22-Jähriger auf die Gleise seiner Strecke, drei Monate später machte an einem Juni-Sonntag ein 47-jähriger Junggeselle auf der Bahnlinie bei Schwarzenfeld seinem Leben ein Ende. Tragischerweise stand jedes mal der Lokführer aus dem Landkreis Schwandorf im Führerstand. Er hatte keine Chance: Bei normaler Reisegeschwindigkeit braucht ein Triebwagen über 100 Meter, um anzuhalten. Zum Zeitpunkt der Toesfälle war der Lokführer 57 Jahre und musste frühpensioniert werden. Verständlich, dass er Regresspflichtige suchte. Ebenso nachvollziehbar, was für ein doppelter Schlag es für die jeweiligen Eltern gewesen sein muss, als sie nach dem Verlust ihrer Söhne auch noch mit Klagen über hochgerechnet 120 000 Euro konfrontiert wurden, eingereicht im September 2011. Dieser Rechtsstreit hat nun - sechs Jahre nach den Suiziden - ein Ende gefunden. Auf Anraten von Richterin Nadine Kredler ließen sich die Beteiligten vor dem Landgericht Amberg auf einen Vergleich ein. Die Haftpflichtversicherungen der Toten zahlen ja 5000 bzw. 10000 Euro. Damit sind alle Forderungen abgegolten. Der Lokführer wurde vertreten durch den Anwalt Dr. Burkhard Schulze, die Versicherungen durch die Rechtsanwälte Ulrich Schlamminger aus Weiden bzw. durch Jürgen Veith aus München. Dem Lokführer und den Familien blieb mit dem Vergleich ein noch viel längerer Rechtsstreit erspart. Um 100-prozentig zu klären, ob die Eltern überhaupt schadensersatzpflichtig sind, wäre eine umfangreiche Beweisaufnahme nötig gewesen. Das Erbe, der genaue Gesundheitszustand des Lokführers - all das hätte abgeklopft werden müssen. Laut Dr. Schulze wäre dann eine weitere Frage gewesen, ob die Männer dem Lokführer vorsätzlich Schaden zufügten - oder fahrlässig: Dann ist die Versicherung in der Pflicht. Um das zu klären, hätten Faktoren wie das Alter, der Bildungsstand und die psychische Verfassung der Lebensmüden beleuchtet werden müssen. Laut Rechtsanwalt Dr. Ulrich Schlamminger, der die Familie des ersten Suizidenten vertritt, stand am Ende das „reine Erledigungsinteresse" im Vordergrund, um endlich den Druck von der Familie zu nehmen. Die Haftpflichtversicherung, die Schlamminger vertrat, erklärte sich bereit, 10 000 Euro zu  zahlen - im Vergleich zu dem anfänglich geforderten Verdienstentgang in sechsstelliger Höhe eine relativ geringe Summe. Die Versicherung im zweiten Fall trägt 5000 Euro bei. Dennoch „zufrieden" äußerte sich Dr. Schulze, der den Lokführer vertrat, über den Prozessausgang, der seinem Mandanten „wenigstens teilweise Genugtuung„ verschafft habe. Quelle: Der Neue Tag vom 17.05.2013; Rubrik: Stadt Weiden/Amberg