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30.09.2013 00:00 Alter: 11 yrs
Von: Der Neue Tag

Junge ein menschliches Wrack sein Leben lang

Schwerer Hirnschaden bei der Geburt - Vor dem Landgericht geht es in einem Zivilprozess jetzt um mehrere Millionen Euro


Amberg/Schwandorf. (hwo) Keine ärztliche Kunst der Welt kann einem Jungen helfen, der völlig hilflos im Bett liegt und auf Pflege rund um die Uhr angewiesen ist. Er wird sein Leben lang ein menschliches Wrack bleiben. Was die Eltern des fünfeinhalb Jahre alten Leon nun für ihren Sohn vor dem Amberger Landgericht einklagen, ist die finanzielle Übernahme aller Kosten und ein Schmerzensgeld. Was im Jahr 2008 in einem Krankenhaus im Landkreis Schwandorf passierte, beschäftigt jetzt drei Berufsrichter. Es geht um 2,2 Millionen Euro, die als vorläufiger Streitwert des Prozesses festgesetzt sind. Tatsächlich könnte diese Summe noch weitaus höher werden. Denn keiner weiß, wie lange Leon leben wird. Körperlich fehlt ihm nichts. Aber sein Gehirn ist dauerhaft geschädigt. Allein die momentanen Pflegekosten betragen 15 000 Euro pro Monat. Der Bub kam am 23. März 2008 zur Welt. Was vor und während seiner Geburt geschah, muss nun die Richter interessieren. Gutachten von Experten lässt sich entnehmen: Es wurden eklatante Fehler gemacht. Kammervorsitzender Ewald Ebensperger beauftragte überdies den an der Uniklinik München-Großhadern praktizierenden Professor Dr. Klaus Friese damit, sich eine Meinung zu bilden. Leons Mutter war aus dem Raum Regensburg in die Klinik gekommen. Bis zur Niederkunft wären es zwar noch etliche Tage gewesen, doch sie wollte die Geburtseinleitung. Ein am Krankenhaus tätiger gynäkologischer Belegarzt lehnte diesen Schritt zwar ab, dennoch blieb die Frau und wurde stationär aufgenommen. Aus dem, was dann geschah, resultiert nun ein Fragenkatalog der Zivilkammer an Professor Friese, einen bundesweit renommierten Gynäkologen. Er soll beantworten, ob durch einen Behandlungsfehler ein Schaden bei dem Kind, das leblos zur Welt kam und reanimiert werden musste, gemacht wurde. Hätte man die Frau mit ihrer Risikoschwangerschaft von vornherein in eine Klinik der höheren Versorgungsstufe verlegen müssen? Wäre die Anwesenheit eines Assistenzarztes für Geburtshilfe notwendig gewesen? Wurde die werdende Mutter umfangreich über die Risiken aufgeklärt? Kam es zu Zeitüberschreitungen? Und vor allem: Verstieß man bei einem möglichen Behandlungsfehler grob und eindeutig gegen gesicherte medizinische Erkenntnisse? Leon war, dies ist Fakt, durch einen Noteingriff zur Welt gebracht worden. Er atmete offenbar seit längerer Zeit nicht mehr und musste wiederbelebt werden. Das gelang zwar. Doch sein Gehirn war irreparabel geschädigt. Klägeranwalt Dr. Burkhard Schulze aus Weiden rechnet erst im Sommer 2014 mit einer Entscheidung. In einer ersten mündlichen Verhandlung hatten sowohl Arzt als auch Hebamme und Klinik geäußert, sich keiner Fehler bewusst zu sein.   Quelle: Der Neue Tag vom 30.09.2013; Rubrik: Amberg/Schwandorf