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26.03.2014 00:00 Alter: 10 yrs
Von: Der Neue Tag

Sechs Jahre Haft

"Deutliche Strafe" für Messerstecher von A 93


Weiden. (ca) Die Eltern hatten Julian W. bei Geschäftsfreunden eine Lehre am Bau verschafft. Hier, in der Oberpfalz, sollte der lebenslustige Filius nach einer kleinen Cannabis-Karriere neu anfangen. Das ging ein halbes Jahr recht gut. Dann verpfuschte sich der 20-Jährige aus dem Rheinland in 30 Sekunden die Zukunft. Mit einem Messerstich an der Ausfahrt Weiden-West.   Die 1. Große Strafkammer verurteilte den 20-Jährigen wegen versuchten Mordes zu einer Jugendstrafe von sechs Jahren. Eine "deutliche" Strafe, wie Landgerichtspräsident Walter Leupold einräumte: "aber der Kaltschnäuzigkeit der Tat angemessen". Das Gericht blieb damit auf Höhe des Antrags von Staatsanwalt Rainer Lehner. Verteidiger Franz Schlama hatte vergeblich auf Freispruch wegen Notwehr plädiert. Die Urteilsverkündung verfolgten auch die Eltern, ein Ingenieur und eine Bürokauffrau. Der 20-Jährige, der seit Juni 2013 in U-Haft sitzt, wurde angesichts des Strafmaßes noch eine Spur bleicher.   Freundliche Frohnatur   Am Donnerstag war zunächst seine Persönlichkeit beleuchtet worden. Es dürfte selten vorkommen, dass der Herr von der Jugendgerichtshilfe ein so sympathisches Bild von einem Angeklagten zeichnet. "Freundlich, hilfsbereit, offenherzig." Das Elternhaus geordnet, in der Schule ganz ordentlich. Probleme gab es, als er mit 18 mit einem Kumpel eine Kiffer-WG eröffnete und Ärger in der Ausbildung bekam. Die Eltern sorgten für Entzug und die neue Lehrstelle im Landkreis Neustadt/WN. "Er war gerade auf einem so guten Weg - und dann passiert dieses Missgeschick." Dem Vertreter des Jugendamts ist Bedauern anzuhören. Als Vorstrafe ist eine Pausenhofprügelei registriert.   Landgerichtsarzt Dr. Bruno Rieder erwähnt einen Schädelbruch nach einem Bobbycar-Unfall mit zwei Jahren - schon fast bezeichnend für das unbekümmerte Naturell. In der Jugend gab es den Verdacht auf ADHS, was der Angeklagte nach eigenen Angaben "mit Cannabis selbst therapierte". In der Oberpfalz ließ er das bleiben, ging mit Freunden aus der Berufsschule und Fitnessclub tanzen.   Bis 4 Uhr getanzt   Für den Geschmack des Staatsanwalts tanzte er zu viel: Nach der Tat feierte er ausgelassen in drei Weidener Dicos. Zeitgleich war der Verletzte im Klinikum - mit einer Wunde, die tödlich hätte sein können. Lehner sah keine Notwehr: "Selbst wenn er von einem Angriff ausging, wäre ein Stich keine angemessene Reaktion." Schlama hielt dagegen: "Gegen jede Körperverletzung darf man sich wehren. Mit den Mitteln, die zur Verfügung stehen." Sein Mandant habe gedacht, der andere wolle mit einer Taschenlampe zuschlagen. Das spätere Opfer sei aus dem BMW gesprungen, zur Beifahrertür gelaufen und habe am Griff gezogen: "Das war eine gesuchte Konfrontation. Er war nicht arglos."   Landgerichtspräsident Leupold war ürberzeugt, dass sich Julian W. das Messer da schon bereit gelegt hatte - "und nicht erst aus der Hosentasche einer engen Jeans herauspuzzelte". Das Fenster war geöffnet: "Der eine schimpfte rein, der andere stach zu."   Quelle: Der Neue Tag vom 26.03.14; Rubrik: Stadt Weiden