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10.05.2014 00:00 Alter: 10 yrs
Von: Dr. Burkhard Schulze

Aus für "Babyklappe"?

Seit 01.05.14 gilt "vertrauliche Geburt" Zahlreiche ungeklärte Rechtsfragen


Ohne gesetzliche Grundlage werden von kirchlichen und weltlichen Trägern seit etwa 15 Jahren "Babyklappen" vorgehalten, in denen Mütter, die sich in einer (vermeintlich oder tatsächlich) ausweglosen Situation befinden, ihr neugeborenes Kind ablegen können. Daneben bieten einige Krankenhäuser auch die "anonyme Geburt" an. Diese Kinder werden dann in der Regel adoptiert. Rechtliche, insbesondere verfassungsrechtliche Bedenken haben nun dazu geführt, dass sich der Gesetzgeber zum Handeln entschlossen hat. Ab 01.05.14 gilt das "Gesetz zum Ausbau der Hilfen für Schwangere und zur Regelung der vertraulichen Geburt"   Dieses soll einen tragfähigen Kompromiss zwischen den Interessen der Mutter und des Kindes darstellen, der Vater kommt darin nicht vor: Voraussetzung ist zunächst eine Beratung der Schwangeren unter Wahrung der Anonymität nach dem Schwangerschaftskonflikgesetz.   Nur wenn nach dieser Erstberatung die künftige Mutter an ihren Plänen festhält, soll ihr die Möglichkeit der vertraulichen Geburt genannt werden, im Rahmen einer zweiten Beratung.   Die Schwangere hat nach diesem Gesetz die Möglichkeit ein Synonym zu wählen und unter diesem die gesamte Geburt abzuwickeln. Die wahre Identität wird geschlossen aufgenommen und beim Bundesamt für Familie hinterlegt.   Hat das Kind sein 16. Lebensjahr vollendet, hat es das Recht Einsicht in den Herkunftsnachweis zu verlangen. Die Mutter hat allerdings zuvor noch die Möglichkeit Widerspruch gegen diese Bekanntgabe ihrer Identität zu erheben. Dem ist nur stattzugeben wenn in einem förmlichen familiengerichtlichen Verfahren geklärt wird, dass bei Bekanntgabe für die Mutter Gefahren für Leib, Leben, Gesundheit, persönliche Freiheit oder ähnliche schutzwürdige Belange das Interesse des Kindes auf Kenntnis seiner Abstammung überwiegen.   Bewusst toleriert der Gesetzgeber die bisher bestehenden Angebote der "Babyklappe" und "anonymen Geburt" weiterhin. Dies ist um so überraschender, als nach statistischen Erhebungen 76% der Babyklappenkinder nicht professionell abgenabelt worden sind, 17% bereits unterkühlt und erschöpft sind, und sich 4% in einem kritischen Zustand befinden.   Ob angesichts des recht bürokratisch anmutenden Verfahrens ein guter Wurf gelungen ist, ist fraglich, der Gesetzgeber selbst hat sich die Verpflichtung zur Evaluierung dieses neuen Hilfsangebots bereits nach Ablauf von 3 Jahren auferlegt.   Vorgezeichnet sind die rechtlichen Konflikte, insbesondere auch auf verfassungsrechtlicher Ebene zwischen den Rechten und Ansprüchen der Beteiligten.   Anwaltliche Beratung und Vertretung ist geboten bei den sich anbahnenden Konflikten zwischen der Pflegefamilie, der Mutter, deren ruhende elterliche Sorge wieder aufleben kann, dem Recht des Kindes, seine Identität zu erfahren, und schließlich ergeben sich Fragen aus dem Bereich des Unterhalts- und Umgangsrechts für Vater und Mutter und Adoptiveltern. Das neue Gesetz schafft zwar eine rechtliche Grundlage, wirft aber eine fast unübersehbare Fülle von rechtlichen Fragen auf, die dann erst wieder der höchstrichterlichen Klärung zugeführt werden müssen.   Rechtsanwalt Dr. Schulze   Quelle: Der Neue Tag vom 10.05.14; Rubrik: Recht im Alltag