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13.10.2011 00:00 Alter: 13 yrs
Von: Der Neue Tag

Suizid auf Gleis: Lokführer klagt

Nach posttraumatischer Belastungsstörung in Frühpension - Schmerzensgeld und Verdienstausfall


Schwandorf/Amberg. (rns) Erst vor wenigen Tagen sorgte ein Prozess vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth für Aufsehen: Ein Lokführer hatte die Eltern eines 20-Jährigen, der sich vor seinen Zug geworfen hat, auf Schmerzensgeld verklagt. Nun beschäftigt sich auch das Landgericht Amberg mit einem ähnlichen Fall. Die Weidener Kanzlei Dr. Burkhard Schulze vertritt einen 60-Jährigen ehemaligen Lokführer aus dem Kreis Schwandorf. Innerhalb von drei Monaten war der Mann im Führerstand seines Triebwagens zwei Mal mit einem Suizid auf den Gleisen konfrontiert. Der Lokführer hat bei solchen Situationen in der Regel keine Chance. Bei normaler Reisegeschwindigkeit braucht ein Triebwagen mehr als 100 Meter um anzuhalten. 30 000 Euro
Im aktuellen Fall hatte eine posttraumatische Belastungsstörung zur Frühpensionierung des damals 57-Jährigen geführt. Laut Rechtsanwalt Dr. Schulze stellt die Tat des Lebensmüden auf den Schienen eine ,,schuldhafte Handlung" dar, da er bei der Entscheidung, sich vor den Zug zu werfen, vorhersehen könne, dass der Lokführer dadurch gesundheitlichen und psychischen Schaden erleidet. Gegen die Haftpflichtversicherung und die Erben der beiden Toten klagt Dr. Schulze namens seines Mandanten auf 30 000 Euro Schmerzensgeld sowie Verdienstentgang - den Unterschied zwischen Pension und fiktivem Gehalt. Die Haftpflichtversicherung des zweiten Getöteten wendet ein, dass ihr Versicherungsnehmer mit ,,bedingtem Vorsatz" gehandelt habe und deshalb kein Versicherungsschutz besteht. Er habe die Schädigung des Lokführers ,,billigend in Kauf genommen" und damit ,,vorsätzlich" gehandelt. Die Versicherung des Ersten erklärt, dass der Schaden erst durch den zweiten Suizid entstanden sei. Der Streitwert ist auf 80 000 Euro angesetzt. Rechtsanwalt Dr. Schulze geht davon aus, dass jemand, der beschließt, sein Leben zu beenden, nicht damit rechnet, einen anderen zu schädigen. Es liege also nur Fahrlässigkeit vor, mit der Folge, dass die Versicherung zahlen müsse. Im Nürnberger Fall einigten sich Lokführer und Hinterbliebene auf einen Vergleich. Die Eltern zahlten eine nicht näher genannte Summe (wir berichteten). Eine Verhandlung ist vorerst nicht terminiert. Mit einer Entscheidung wird nicht vor Ende des Jahres gerechnet.   Quelle: Der Neue Tag vom 13.10.11, Rubrik: Stadt Weiden