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09.06.2010 00:00 Alter: 14 yrs
Von: Der Neue Tag

Pfusch mit fatalen Folgen

Hirnschaden bei der Geburt - Gericht sucht Schuldige im Fall „Felix"


Von Michael Meyer Eschenbach/Weiden. Fehler der Hebamme, falsche Entscheidungen des Gynäkologen und möglicherweise auch ein riesiges organisatorisches Defizit am Krankenhaus Eschenbach selbst hatten fatale Folgen: Der kleine Felix aus Grafenwöhr erlitt bei der Geburt wegen Sauerstoffunterversorgung einen schweren Hirnschaden. Seine Eltern, vertreten durch Rechtsanwalt Burkhard Schulze aus Weiden, klagen auf Schadensersatz (wir berichteten). Die junge Familie wird das ganze Leben lang schwer belastet sein, ihr Sohn - inzwischen fünf Jahre alt - ist immer auf fremde Hilfe angewiesen. Befangenheitsantrag Auf der Suche nach den Schuldigen hörte die Erste Zivilkammer des Landgerichts Weiden am Dienstag Professor Dr. Holger Schiffmann, den Leiter des Zentrums für Neugeborene, Kinder und Jugendliche am Klinikum Nürnberg. Der Gutachter sieht die Verantwortung in erster Linie beim zuständigen Arzt. Von einem „groben Behandlungsfehler" war die Rede. Weil ein Richter diese Formulierung im Zusammenhang mit einer Frage an den Sachverständigen als Resümee verwendete, sah das Gericht sich plötzlich dem Vorwurf der Befangenheit ausgesetzt. Rechtsanwalt Dr. Michael Vogeler aus Hannover, der Vertreter der beschuldigten Hebamme, zog seinen Ablehnungsantrag aber nach einer kurzen Pause zurück. Hintergrund ist die Strategie, möglichst auch die Kliniken AG Nordoberpfalz in Regress u nehmen. Sie ist Rechtsnachfolgerin des Landkreises Neustadt/WN, des früheren Träges des Kreiskrankenhauses Eschenbach. Trotzdem war die Aussage im Gutachten eindeutig: Nach der schwierigen Geburt um 20.12 Uhr am 21. September 2004, kurzfristig wurde sogar ein Not-Kaiserschnitt in Erwägung gezogen, musste das Neugeborene zusätzlich mit Sauerstoff versorgt werden und hatte bedenkliche Blutwerte. „Es wäre die Verlegung in eine Kinderklinik, zumindest aber die kontinuierliche Überwachung des Kindes zwingend erforderlich gewesen", stellte Professor Schiffmann klar. Reaktion nach 18 Stunden Beides ist jedoch unterblieben. Gynäkologe und Hebamme gingen nach Hause. Die einzige Nachtschwester auf der Station mit bis zu 30 Betten und die Frühschicht am nächsten morgen stellten keine Auffälligkeiten fest. Am Mittag lief der Junge blau an und litt unter krampfhaften Zuckungen. Erst am Nachmittag wurde er in die Kinderklinik Bayreuth verlegt. Die Urteilsverkündung ist für Anfang August vorgesehen. Quelle: Der Neue Tag vom 09.06.2010, Rubrik: Landkreis