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Stadt: „Wir haben dazugelernt"
Die Fondara AG braucht ein Parkhaus für ihre Stadtgalerie. Zwei Anlieger frische Luft, Sonne und möglichst wenig Verkehrslärm. Deshalb steht der Bebauungsplan mit dem Parkhaus und damit die Stadt als Urheber des Plans im Feuer. Die Folge: Stadt, Anliegervertreter und Fondara treffen sich vor dem Verwaltungsgerichtshof. Hier sorgt die Vorsitzende Richterin gleich zu Beginn für einen Paukenschlag.
München/Weiden. (mte) Judith Müller erklärt den alten Bebauungsplan für unwirksam: „Den können sie vergessen." Und das völlig unabhängig davon, was drinsteht. Es geht schlicht um eine Formalie: Oberbürgermeister Hans Schröpf hat 1998 erst die Bekanntmachung und dann die Ausfertigung unterzeichnet. Andersherum wäre es korrekt gewesen, stellt die Richterin fest. Ein Paukenschlag, den Rechtsdezernent Hermann Hubmann gelassen nimmt: „Wenn die Rechtsprechung so ist, ist sie so. Wir haben dazugelernt."
„Nichts gegen Stadtgalerie"
Die Folgen erörtert die Richterin: Bei der Normenkontrollklage der Anlieger der Luitpoldstraße, vertreten von Dr. Burkhard Schulze, gegen die Stadt konzentrierte sich der Verwaltungsgerichtshof nun ausschließlich auf den aktuellen Bebauungsplan von 2014. Die Frage, die geklärt werden muss: Werden die Anlieger durch das Parkhaus in ihren nachbarschaftlichen Rechten verletzt? Falls ja, muss das Gericht den Bebauungsplan zur Parkgarage - und zwar ausschließlich dazu - für unwirksam erklären. Dr. Schulze betont: „Wir sind nicht gegen die Stadtgalerie."
Der aktuelle Bebauungsplan sei formell nicht zu beanstanden. „Materiell aber ergeben sich einige Probleme", sagt die Richterin und ergänzt: „Der Bebauungsplan ist auffallend ungenau." Drei Hauptprobleme bringt der Senat auf den Tisch.
- Erstens sei unklar, wie das Gebiet nördlich der Ludwigstraße einzustufen sei. Handelt es sich um ein Kern- oder ein Mischgebiet? je nachdem gelten andere Richtwerte für die zulässige Lärmbelastung durch den Straßenverkehr rund um das Parkhaus. „Es können zwar höhere Orientierungswerte angesetzt werden", weiß Richterin Müller, „aber der Stadtrat muss abwägen, welche Belange höher wiegen." Die privaten, sprich die der Anlieger, oder die öffentlichen, kurzum die der Stadt. Um hier Klarheit zu bekommen, schlägt die Richterin einen Ortstermin des Senats mit den Parteien vor. „Sie wollten ja beide unbedingt eine Inaugenscheinnahme."
Beide Parteien finden den Vorschlag entsprechend gut. Hermann Hubmann meint: „Bis dahin können wir ermitteln, welche Leerstände es in diesem Gebiet gibt und für wie lange. Keinesfalls handelt es sich hier um einen strukturellen Leerstand."
- Zweitens ist der Senat unsicher, inwiefern Ausgleichsmaßnahmen (wie Dachterrasse, Ruhebänke, Freiflächen) für eine mögliche Überschreitung des Nutzungsmaßes im Bebauungsplan vermerkt sind. „Was soll ich denn ausgleichen?", fragt Fondara-Anwalt Dr. Florian Seebauer und pocht darauf, mit dem Parkhaus das im Beabuungsplan vorgegebene Nutzungsmaß nicht übermäßig zu überschreiten.
Alles eine Frage der Größe
- Genau hierin liegt das dritte Problem der drei Richter: „Die Geschosszahl muss über den Bebauungsplan mittelbar errechnet werden können." Das kann sie aber nicht, weil die Festsetzung des unteren Bezugspunkts nicht hinreichend bestimmt ist. Daraus ergibt sich, dass Fondara-Vertreter vorrechnen, mit 3,7 Geschossflächenzahl (drei Vollgeschosse, das vierte Geschoss zurückversetzt und das fünfte als Parkfläche unter freiem Himmel) den vorgegebenen Wert von 3,0 nur leicht zu überschreiten. Dr. Burkhard Schulze und sein fachlicher Beistand, Diplom-Ingenieur und Architekt Heiner Schreml, errechnen einen Wert von 4,8 (fünf Geschosse mit einer Gesamthöhe von teils bis zu 18 Meter).
„Das ist eine erhebliche Überschreitung", findet die Richterin. Wie´s aber letztendlich ist, könne sie aus dem Bebauungsplan nicht lesen.
„Zu allen Punkten haben wir im Senat noch kein einhelliges Meinungsbild", erklärt die Richterin und fragt, ob die Parteien eine Möglichkeit der Einigung sehen. „Wir wollen einen Vergleich abschließen", sagt Hubmann nach längerer Pause. „Wir auch, wenn die bisherige Planung des Parkhauses um ein Vollgeschoss verringert wird", so Dr. Schulze. „Ein Vergleich auf dieser Basis kommt für uns nicht in Betracht", erwidert Dr. Peter Przewieslik von Fondara.
Nun soll der Senatsbesuch in Weiden Klarheit schaffen. Derweil laufen die Nachbesserungen am Bebauungsplan bei der Stadt an, verspricht Hubmann. Danach muss eine erneute Auslegung erfolgen, Einwände der Bürger müssen berücksichtigt werden - und das letzte Wort über die neue Version hat wiederum der Stadtrat. Wann, bleibt unklar. Die Richterin stellt fest: „Eile scheint von beiden Seiten keine geboten zu sein." Im März sieht man sich wieder.
Quelle: Der Neue Tag vom 20.10.2016; Rubrik: Weiden und die Region