Aktuelle Pressemeldung

20.11.2010 00:00 Alter: 13 yrs
Von: Dr. Burkhard Schulze

Elternunterhalt - wann müssen Kinder für ihre Eltern aufkommen?


Kinder haben gegen die Eltern Anspruch auf Unterhalt - aber umgekehrt? Wir werden immer älter, auch reicht die eigene gesetzliche Altersvorsorge, wie Demoskopen und Politiker uns prognostizieren, eigentlich nicht mehr für eine angemessene Versorgung im Alter, betreutes Wohnen und Pflegeheime werden oft unerschwinglich. Deswegen rückt die Frage der Unterhaltspflicht der Kinder gegenüber ihren Eltern vermehrt in den Blickpunkt der Öffentlichkeit. Nach § 1601 BGB haben auch die Eltern gegen das Kind einen lebenslangen Anspruch auf Unterhalt. Reicht das eigene Einkommen der Eltern nicht für ihr angemessenes Auskommen, müssen die Kinder einspringen, mehrere nach dem Verhältnis ihrer Leistungsfähigkeit. Leistet zunächst die öffentliche Hand Sozialhilfe, gehen die Unterhaltsansprüche der Eltern auf den Träger der Sozialhilfe über, und die Behörde wird versuchen bei den Kindern Regress zu nehmen. Zunächst ist aber der Ehegatte des unterhaltsbedürftigen Elternteils in der Pflicht. Erst wenn dieser nicht leistungsfähig ist, greifen die Ansprüche gegenüber den Kindern. Unterhaltsverpflichtungen des Kindes gegenüber seinem eigenem Ehegatten und/oder seinen Kindern gehen allerdings immer vor. Nur wenn die eigene Familie unterhaltsmäßig versorgt ist, kommen Eltern, ggf. auch Ansprüche der Großeltern gegenüber dem Kind/Enkel in Betracht. Der Selbstbehalt des Kindes beträgt derzeit 1.400,00 €, wobei sich dieser Betrag aber um die Hälfte der Differenz zum bereinigten Nettoeinkommen des Pflichtigen erhöht. Hat das Kind z.B. ein Einkommen von 2.200,00 €, erhöht sich der Selbstbehalt um 1/2 aus 800,00 €, also 400,00 €, und beträgt damit 1.800,00 €. Der unterhaltsberechtigte Elternteil muss aber zunächst in der Regel sein Vermögen aufzehren, darf aber das Familienheim zur Sicherung des Wohnbedarfs behalten, und auch sonstiges Vermögen, wenn er daraus Früchte, vor allem Zinsen zieht. Ein kleines Schonvermögen muss ihm auch verbleiben. Schenkungen an die Kinder oder sonstige Dritte muss er wegen "Verarmung" zurückfordern, wenn die Schenkung noch nicht länger als 10 Jahre zurückliegt. Die Unterhaltsverpflichtung des Kindes entfällt allerdings ganz oder teilweise, wenn früher der Elternteil seine eigene Unterhaltsverpflichtung gegenüber dem Kind gröblich vernachlässigt hat, oder sonstige schwere Verfehlungen vorliegen, z.B. vorwerfbarer Alkoholismus, Misshandlungen oder sexueller Missbrauch. In vielen Fällen werden Eltern und Kinder aus einem moralischen Grundempfinden heraus sich im rechten Maß verständigen, falls nicht ist versierte Rechtsberatung angesagt um die Balance zu finden zwischen der (vorrangigen) Verpflichtung die eigene Familie angemessen zu unterhalten, andererseits aber auch die Eltern angemessen zu unterstützen. RA Dr. Burkhard Schulze   Quelle: Der Neue Tag vom 20.11.2010, Rubrik: Recht im Alltag