Aktuelle Pressemeldung

20.06.2009 00:00 Alter: 15 yrs
Von: Dr. Burkhard Schulze

Videoüberwachung im Privatbereich - Sicherheit Kontra Persönlichkeitsschutz?

Was darf der Eigentümer/Vermieter? Graffiti-Sprayer filmen??


Heute werden aufgrund kostengünstiger und ausgereifter Technik Videokameras immer mehr auch im privaten Bereich eingesetzt zum Schutz von Haus und Grund, aber auch Befriedigung von Neugier und vermeintlich notwendiger Kontrolle. Immer wieder müssen die Gerichte sich mit der Zulässigkeit derartiger Videoüberwachung im Privatbereich auseinandersetzen, und dem Kontrollbedürfnis zugunsten des Persönlichkeitsschutzes Grenzen aufzeigen: Dauernde schrankenlose heimliche Videoüberwachung in einer Mehrfamilienhausanlage ist selbst dann unzulässig (und entsprechende Aufnahmen gerichtlich nicht verwertbar), wenn Vandalismus, Graffiti-Schmierereien, Waschmaschinen- und Kfz-Beschädigungen unterbunden werden sollen. Der Mieter, der damit nicht einverstanden ist kann auf Unterlassung klagen. Unzulässig ist die Installation einer Videokamera zur Beobachtung der Wohnungstür des Mieters. Das gilt auch für eine Attrappe. Die Installation verletzt das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Mieters und seiner Besucher. Bei Einstimmigkeit aller Wohnungseigentümer kann allerdings eine Videokamera installiert werden, die den Eingangsbereich bis zu 3 Minuten nach dem Klingeln aufzeichnet. Selbst im eigenen Grundstücksbereich ist die Videoüberwachung nicht uneingeschränkt zulässig: Der Eigentümer kann zwar seinen Garten im eigenen Grundstücksteil so überwachen. Unzulässig ist aber die Überwachung des öffentlichen Zugangswegs zum Grundstück. Hier wird eine schwerwiegende Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts angenommen,  selbst wenn die Kamera nur den Zugang auf dem eigenen Grundstück zur Haustür erfasst. Rechtsdogmatisch ist hier die Einwilligung des jeweiligen Besuchers sowie bei Kindern des gesetzlichen Vertreters erforderlich. Empfohlen wird das Aufstellen von Schildern "Video überwacht": Wer weitergeht, soll damit stillschweigend sein Einverständnis mit der Filmung erklären. Das zielgerichtete ständige Beobachten des Nachbarn mit einer Videokamera ist eine schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts und rechtswidriger Eingriff in die Intimsphäre des Nachbarn. Neben dem Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch kann hier in gravierenden Fällen sogar Schmerzensgeld verlangt werden. Nach der überwiegenden Auffassung erzeugt bereits das Aufstellen einer bloßen Attrappe beim Nachbarn Überwachungsdruck, so dass auch eine solche zu beseitigen ist. Insgesamt betont die Rechtsprechung das allgemeine Persönlichkeitsrecht und Recht am eigenen Bild gegenüber tatsächlichem oder vermeintlichem Interesse des Beobachters. Auch wenn es für den "graffitigeplagten Eigentümer" bitter sein mag: Auf seinem Grundstück kann er potentielle Täter erfassen, nicht aber den auf einem öffentlichen Weg herannahenden Übeltäter, weil hierbei auch andere Unbeteiligte in sein Visier geraten. Vor jedem Kameraeinsatz gilt es also zu bedenken, dass man sich auf ein hochsensibles Gebiet von Persönlichkeitsschutz und Privatsphäre begibt, und die Rechtmäßigkeit eines geplanten Einsatzes also wohl überlegt sein muss. RA Dr. Burkhard Schulze   Quelle: Der Neue Tag vom 20.09.2009, Rubrik: Recht im Alltag