Aktuelle Pressemeldung

19.12.2009 00:00 Alter: 14 yrs
Von: Dr. Burkhard Schulze

Unverheiratete Väter nicht mehr nur noch Zahlväter?!

Europäischer Gerichtshof für Menschenrecht (EGMR) stärkt Rechte unverheirateter Väter


Der EGMR hat in seiner Entscheidung vom 03.12.09 entschieden, dass die deutsche Regelung des Sorgerechts für nicht verheiratete Eltern gegen die europäische Menschenrechtskonvention verstößt. Nach dem bisher in Deutschland geltenden Recht (§ 1626 a BGB) haben nicht verheiratete Eltern bei der Geburt des Kindes nur dann die gemeinsame elterliche Sorge, wenn sie eine gemeinsame Sorgerechtserklärung abgeben, oder einander heiraten. Sind diese Voraussetzungen nicht gegeben, was in der Praxis der Regelfall ist, hat die Mutter die alleinige elterliche Sorge, bei der es auch im weiteren Verlauf verbleibt. Eine gerichtliche Klärung der elterlichen Sorge findet dann im Regelfall nicht statt. Dies hat zur Folge, dass der Vater kein Mitspracherecht hat bei wichtigen Entscheidungen, wie z.B. wo das Kind lebt, welche Schule es besucht, oder ob eine wichtige Operation durchzuführen ist. Nach der bisherigen gesetzlichen Regelung kann der nichteheliche Vater das Sorgerecht nicht gegen den Willen der Mutter, z.B. durch ein Gerichtsverfahren erlangen.
Diese einseitige Machtposition der alleinsorgeberechtigten Mutter verstößt nach Ansicht des EGMR, der von 47 Staaten Europas getragen wird, gegen die Menschenrechte. In anderen europäischen Ländern, z.B. in Frankreich, hat der nichteheliche Vater Teilhabe am Sorgerecht ab dem Zeitpunkt, ab dem er die Vaterschaft anerkennt.
Der deutsche Gesetzgeber muss nun das deutsche Recht ändern, und den nichtehelichen Vätern mehr Rechte hinsichtlich des Sorgerechts einräumen. Abzuwarten bleibt, ob es eine weitgehende Lösung geben wird, bei der der Grundsatz des gemeinsamen Sorgerechts, der bei ehelichen Kindern gilt, auch auf nichteheliche Kinder angewendet werden wird, oder ob es grundsätzlich beim Sorgerecht der Mutter verbleibt, und den nichtehelichen Vätern eine gerichtliche Möglichkeit zur Klärung des Sorgerechts zusätzlich eingeräumt wird. Die Auswirkungen dieser Entscheidungen sind gravierend und weitreichend. In Deutschland gibt es rund 1,6 Mio. nichteheliche Väter. Zwar wird nicht jeder von dieser jetzt bevorstehenden rechtlichen Möglichkeit Gebrauch machen. Die Beseitigung des "Mütter-Monopols" bedeutet vor allem, dass die Vereitelung des Umgangsrecht des nichtehelichen Vaters durch die Mutter bis jetzt nicht dazu führen konnte, dass die Mutter als ungeeignet angesehen werden konnte, und dem Vater deshalb das Sorgerecht übertragen wird. Diese Möglichkeit eröffnet sich dagegen nach der neuen Rechtslage: Vereitelt die nichteheliche Mutter den Umgang des Kindes, kann das Gericht daraus die Schlussfolgerung ziehen, dass sie für das Kind zur Erziehung ungeeignet ist, und deswegen dem Vater die elterliche Sorge allein übertragen. Versierte anwaltschaftliche Vertretung zur Durchsetzung des Sorgerechts in der Praxis ist geboten. RA Dr. Burkhard Schulze   Quelle: Der Neue Tag vom 19.12.2009, Rubrik: Recht im Alltag