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< Pflege der Eltern - umsonst?
27.07.2012 00:00 Alter: 12 yrs
Von: Der Neue Tag

„Sie nahmen uns das Liebste"

Angeklagter erstarrt, als Mutter des Opfers sprich


Weiden. (rns) „Sie haben mir mein Herzblatt, mein Kind, genommen und der kleinen Sophia die Mutter!" Mit tränenerstickter Stimme klagte die Mutter der am 4. November getöteten Stephanie Sch. ihren Mörder an. „Vor 263 Tagen, das sind 6312 Stunden, und fast 400000 Minuten, habe ich meine sterbende Tochter in den Armen gehalten und ihre letzten Pulsschläge gefühlt." Der 23-jährige Angeklagte hielt sich beide Hände vor das Gesicht. Die ganzen fünf Verhandlungstage vor dem Schwurgericht hatte der Fachlagerist mit gesenktem Kopf und hochgezogenen Schultern verfolgt, fast ständig mit den Beinen wippend. Jetzt erstarrte er völlig. „Sie haben uns das Liebste genommen, was wir hatten. Ich wünsche Ihnen, dass die Bilder nie wieder aus Ihrem Kopf gehen!" Hier unterbrach Landgerichtspräsident Walter Leupold die Vohenstraußerin. Sie war als Nebenklägerin mit der Schwester der Getöteten und ihrem Adoptivvater aufgetreten. Als solche habe sie das Recht etwas zur Sache zu sagen und einen Antrag zu stellen. Dies hier gehe aber zu weit, so Leupold. Es sei „der falsche Ort". Alexander S. war, nachdem er Stephanie Sch. im Internet kennengelernt hatte, aus Bad Hersfeld nach Vohenstrauß gezogen, hatte dort in einem Hotel gewohnt und sofort Arbeit als Lagerist gefunden. Da die Hauswirtschaftsschülerin aber nichts von ihm wissen wollte, begann er sie zu „stalken". Er traktierte sie mit Anrufen und SMS, schlich tage- und nächtelang ums Haus, in dem die 21-Jährige mit ihrer heute dreijährigen Tochter wohnte, und tötete sie dort schließlich mit drei Messerstichen in den Oberschenkel und einem vierten in den Hals. „Wenn ich sie nicht haben kann, soll sie auch kein Anderer haben", sagte er laut Zeugenaussagen. „Abwegiges Besitzdenken" sei typisch für die klassische Form des „Stalking", sagte Rechtsanwalt Dr. Burkhard Schulze, der die Familie vertrat. Nichts sei für die Angehörigen mehr, wie es mal war. Eine Lehre, die unbedingt aus dem Vorfall gezogen werden solle, sei, dass man „Stalking" ernstnehmen müsse. Jeder 400. Fall gehe tödlich aus, wusste Dr. Schulze aus der Fachliteratur. Wegen erheblich verminderter Steuerungsfähigkeit aufgrund einer Borderline-Persönlichkeitsstörung wurde Alexander S. „nur" zu 13 Jahren Haft verurteilt und in die geschlossene Abteilung einer psychiatrischen Klinik eingewiesen. Quelle: Der Neue Tag vom 27.07.2012, Rubrik: Stadt Weiden/Vohenstrauß