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13.10.2012 00:00 Alter: 11 yrs
Von: Der Neue Tag

Nach OP im Rollstuhl

Schwere Fehler bei „leichtem Eingriff": 150000 Euro Schmerzensgeld


Weiden. (rg) Wegen Schmerzen im linken Bein ging er zum Arzt. Die Diagnose: eine Verformung der Bandscheiben, welche die Nervenwurzeln in Mitleidenschaft zog. Im Weidener Klinikum ließ sich der heute 71-jährige zu einem Eingriff überreden. „Der Arzt hat von einer „leichten Operation" gesprochen", erzählt die Frau des Rentners, „von einem „kleinen Eingriff"." Heute sitzt der Wernberger im Rollstuhl. „Wir hätten im Ruhestand so viel vorgehabt. Das hat uns das ganze Leben verdorben." Seit der Operation am 2. März 2009 leidet der 71-Jährige unter einem „inkompletten Querschnittssyndrom" - er kann die Beine zwar bewegen, aber nicht mehr selbstständig gehen. Der einstige Baggerführer ist inkontinent, benötigt im Haushalt immer wieder Betreuung, so beim Stuhlgang. „Unsere Kinder kann ich nicht mehr besuchen", sagt der Rentner. „Ich komme nicht über die Treppe". Der ärztliche Fehler ist unstrittig: Der Mediziner setzte „interspinöse Spreizer" falsch zwischen die Lendenwirbel. Die Implantate drückten auf die Nerven statt sie zu entlasten. Dass diese Fehllage auf den Röntgenbildern nicht erkannt wurde, sei „fachlich nicht nachvollziehbar", heißt es im Gutachten des Medizinischen Dienstes. Eine weitere OP tags darauf konnte den Schaden nicht mehr wettmachen. Die Gutachter bemängelten zudem, dass eine „konservative Therapie" unterblieben war. Haus umgebaut Die Versicherung des Klinikums gestand dem Patienten zunächst ein Schmerzensgeld in Höhe von 70000 Euro zu. Viel zu wenig, meinte Rechtsanwalt Dr. Burkhard Schulze. Für angemessen hielt er 220000 Euro. Bei der Klageerhebung zum Landgericht legte die Versicherung nochmals 50000 Euro drauf. Eine Reihe von anderen Ausgaben erkannte sie zunächst nicht an. So rund 20000 Euro, die nötig waren, um das Haus - vor allem Bad und Toilette - behindertengerecht umzubauen. Weil die Frau den Patienten mit zusätzlichem hohem Aufwand versorgt, forderte Dr. Schulze eine „monatliche Rente" von 450 Euro. In der Verhandlung am Donnerstag vor dem Landgericht gab Vorsitzender Richter Viktor Mihl zu bedenken, dass der Wernberger womöglich auch ohne den Operationsfehler der Pflege bedürfe: Schließlich habe er drei Herzinfarkte hinter sich, sei auf Insulin angewiesen. Mit Verweis auf andere Fälle verdeutlichte der Richter, dass er die Schmerzensgeldforderung für überzogen hält. Rechtsanwalt Carl Brünnig, der Klinikum und Versicherung vertrat, und Schulze schlossen einen Kompromiss: Demnach soll der Kläger nochmals 30000 Euro erhalten. Also insgesamt 150000 Euro an Schmerzensgeld. Auch sonst einigten sich die Parteien. Die rund 20000 Euro für die Umbaumaßnahmen soll der Kläger ebenso bekommen wie 12900 Euro als Ausgleich für den Pflegeaufwand. 60 Prozent der Gerichtskosten trägt der Wernberger. Anwalt Brünnig wird diesen Vergleich nun dem Klinikum und der Versicherung vorstellen. Innerhalb der nächsten drei Wochen können sie noch widerrufen. Quelle: Der Neue Tag v. 13./14.10.12; Rubrik: Stadt Weiden